Dienstag, 23. September 2008

Fakten, Fakten, Fakten

Guten Morgen Deutschland und der Rest der Welt,

heute gibt es wie Ihr schon in der Überschrift erkennen konntet, einfach mal Fakten.
Informationen über Costa Rica, damit Ihr auch genau wisst, mit wie vielen Menschen ich hier auf welchem Raum lebe und was man sonst noch wissen sollte.
Dies passt auch ganz gut zu diesem Monat, der sich ja „Més de la Patria“ nennt. Außerdem, damit Ihr auch wisst was das ganze Zeug, das ich auch Spanisch schreibe, bedeutet, „exclusiv“ costaricanisches Spanisch.

Wenn Ihr diesen Eintrag gelesen habt, seit Ihr vorbereitet für jede Quizshow in Costa-Rica, die übrigens genauso schlecht sind wie das restliche Fernsehprogramm 

Entonces, vamonos, adelante!


Hier die ersten „Kurzinfos“: Die folgenden Zahlen stammen aus dem Lonely Planet-Alternativreiseführer und sind ca. 3 Jahre alt


Bevölkerung: 4 Millionen
>Die Fläche ist ungefähr so groß wie die von NRW

Lebenserwartung: 78 Jahre (Deutschland: 78 Jahre)

Lesefähigkeit: 96% (Deutschland: 99%)

Menschen unterhalb der Armutsgrenze: 18% (Deutschland: 13,5%)

Menschen mit Internetzugang: 29% (Deutschland: 64%)
>Dafür gibt es an jeder Ecke und in jedem noch so kleinen Dörfchen ein Internetcafé.

Pro-Kopf-Kohlendioxid-Emission/Jahr in Tonnen: 1,2 (Deutschland: 10,4%)
>Das ist mein ökologischer Fußabdruck wohl ziemlich klein, nicht wahr Herr Kitz?

Jährlicher Kaffeekonsum pro Kopf: 4,1 kg (Deutschland: 6kg)
>Diese Zahl kann nicht stimmen! Mir wurde noch nie soviel Kaffee angeboten wie hier. Dona Margharita trinkt zu jeder Tages- und Nachtzeit Kaffee. Und damit meine ich wirklichen Kaffee, keine Instant-Plörre.

Autos pro 1000 Einwohner: 82,2 (Deutschland: 550)
>Durch das echt gute Bussystem braucht man hier kein Auto. Man steht einfach an die Bushaltestelle und wartet bis ein Bus kommt. Und länger als 20 Minuten muss man nicht warten.

Anteil an Naturschutzgebieten: 27% (Deutschland: 2,9%)
>Gefühlte 80% Naturschutzgebiet. Es gibt sage und schreibe 35 Nationalparks!

Zahl der Vogelarten im Land: 850

Was man sonst noch wissen sollte!

Da gibt es noch 2 Fakts, die mir spontan einfallen und die auch ganz interessant sind.

Nummer 1:
Costa Rica hat als erstes Mittelamerikanisches Land 1835 ein Gesetz zur Pressefreiheit verabschiedet.
Jedoch bekommt man, wenn man sich hier so umschaut, den Eindruck es wurde seither auch nicht mehr geändert. Die staatlichen Fernsehsender sind eine Katastrophe und würden in Deutschland wohl zwischen Kabel 1 und 9Live eingeordnet werden. Die einzige überall erhältliche Tageszeitung „La Nación“ ist absolut konservativ und es existiert weiterhin das so genannte Verleumdungsgesetz und hilft vor allem Prominenten und Politikern, die mit einer kritischen Berichtserstattung nicht klarkommen.

Nummer 2:
Costa Rica wird heute gerne auch als „Demokratie ohne Waffen“ betitelt.
Unter Präsident José Figueres Ferrer wurde 1949 mit der neuen demokratischen Verfassung auch die Armee abgeschafft. Der Gedanke war, das Geld nicht für Waffen, sondern für Bildung auszugeben.
Zudem sicherte diese Verfassung den Frauen, Schwarzen, sowie den Ureinwohnern und chinesischen Minderheiten volle Bürgerrechte und das Wahlrecht zu.
Interessant ist zudem, wie Figueres an die Macht kam! Er war Chef einer „Junta“. Somit waren die Grundlage einer unbewaffneten Demokratie, revolutionäre Kräfte, die sich zunächst mit Waffengewalt gegen die Regierungstruppen durchsetzen mussten.


Das war jetzt aber ganz schön viel Input, das Euch der Onkel da gegeben hat. Deswegen wird die Einheit „Spanisch in Costa Rica“ auf eine der nächsten Stunden vertagt 

Enden möchte ich heute einmal mehr mit einem Zitat, dass auch zum Nachdenken anregen kann und soll.
José Figuerres Ferrer zitierte 1949 beim offiziellen Staatsakt zur Abschaffung der Streitkräfte unter anderem H.G. Wells, der sagte:

„Das Militär kann nicht zur Zukunft der Menschheit gehören.“

Tranquilo und Gesellschaftskritik

So lässt sich die Woche nachdem Nationalfeiertag am Montag wohl am besten beschreiben. Ich musste zum einem sowieso nur 4 Tage „arbeiten“ bzw. Kontakte knüpfen, wie der Monat offiziell von meinem Chef beschrieben wird, und zum anderen waren das wohl so wenig Kontakte, dass ich schon gar nicht mehr weiß, wo ich überhaupt war. 

Eins weiß ich jedes sicher. Am Wochenende war ich bei Lilli. Wer unseren etwas wirren Versuch einander in San José zu finden im StudiVZ mitverfolgt hat, weiß auch, dass wir uns gefunden haben. Ich habe einfach 2 Stunden in ihrer Wohnung gewartet, während sie versucht hat San José nach mir abzusuchen, mit der Angst, dass wenn sie jetzt in Richtung Wohnung fährt, ich auf die Idee komme, in die Stadt zu fahren, um sie zu treffen. Verstanden?

Ist im Endeffekt auch egal, denn wir trafen uns schließlich bei ihr in der Wohnung und waren wiederum vereint, der Einsamkeit entronnen, um direkt einer Flasche chilenischen Rotwein in die Arme zu fallen.
Zuvor waren wir aber noch im Zentrum. Wir aßen eines der leckersten Casados*, die wir jemals versuchten, aßen ein Vanilleeis mit Schokoüberzug und schauten ein paar Straßenclowns beim Vorführen zu.
Zu Hause angekommen köpften wir dann den Roten und gaben uns der Gesellschaftskritik hin. Gegen was muss die Jugend in Deutschland eigentlich rebellieren und für was muss sie heute kämpfen? Was bringt ein 5mal jährlich neu bepflanzter Kreisel und was soll das Projekt Stuttgart 21? Sind Jugendorganisationen im allgemeinen und Jugendorganisationen von Parteien im speziellen nicht auch Organe, die frei Kritik äußern können, dies sogar sollten?
Warum gibt es in Deutschland Stadträte, die „für“ einen Vorschlag der Nazis stimmen und warum sind wir eigentlich ausgereist?
Spätestens jetzt wussten wir es wieder. Zudem erklärten wir Hartmut Mehdorn und Wolfgang Schäuble zu den gefährlichsten Machtinhabern jenseits der Spree.

Da Lilli am Sonntagmorgen jedoch arbeiten musste und der gute Chilene auch weg war, begaben wir uns dann auch zu Bette und träumten beide von einer besseren Welt.

Der Sonntag sollte dann ähnlich ereignisreich verlaufen. Damit meine ich nicht die „dreieinhalb“ Stunden Internetcafé, womit zugleich mein persönlicher Rekord gebrochen wurde, nein, es war Sonntag und bei Margharita war die Familie zu Besuch: 2 Töchter plus Ehegatten und insgesamt 4 Enkel, dazu 100 Fragen an den Deutschen.
Die habe ich auch brav beantwortet.
„Ja, in Deutschland brachen wir Ingenieure“, „es gibt eine soziale Absicherung“ , „ alles ist vieeeeel teurer“ und „Biersorten gibt es auch ganz viele“.
Denn wenn das Wort „Alemnaia“ fällt, kommt „cerveza“ gleich hinterher.

Da geht einem vereinsamten Labersack wirklich das Herz auf. Viele Menschen, viel Reden und das Beste, die 2. einheimische Spezies unter 25 Jahren, die Kontakt mit mir aufnimmt.
Es war Enkel Toni, 21 Jahre alt und Student.
Diese Gelegenheit habe ich gleich genutzt. Wenn alles so läuft, wie es mein Plan vorsieht, gehe ich morgen mit ihm zu Lilli nach San José.
Nach drei langen Wochen, endlich Land in Sicht.
Als das nicht schon genug wäre, habe ich heute in der CEUNA, der Schule in der ich montags bin, eine deutsche Austauschschülerin kennen gelernt. Die Beste ist 17 Jahre und kommt aus Bremen. Da hab ich doch gleich mal mein bestes Hochdeutsch ausgepackt, dass ich seit dem Ausreisekurs auf meiner Festplatte gespeichert habe, nö.
Jetzt sitze ich hier – 20 Uhr 13 – an meinem Laptop in der Küche, hab gerade 2 Telenovelas, die Noticias von Canal 6 und damit 5 Tote und noch mal soviel Verletzte hinter mir und befürchte, dass ich bald wieder schlafen gehe.

Was ich morgen früh machen werde steht noch in den costaricanischen Sternen geschrieben. Denn bisher hat mi jefe Don Fernando noch nie abends angerufen, wenn er meinte, es zu tun.

“Vamos a ver manana lo que va a pasar…”

Zum Schluss möchte ich den hier nicht Existenten Buchstaben “ö,ä,ü” und vor allem dem “ß” meine Ehre erweisen:

Das Ä, das Ö, das Ü
Sag’ einmal, wo bist denn dü?
Auch das Scharf-ess ist nicht da
Damit komm ich gar nicht klar.

Darum sag ich ohn’ Verdruß:
Ääääh – Ööööh – Üüüüh
Jetzt is’ Schluß. Ich muß. Tschüß und Kuss.

(Felix Gartner, 2008)



*PS: Casados = verheiratet und bezeichnet in Costa Rica eine Art Menu mit jeweils Reis mit Bohnen, Salat, meist Kochbananen und einer Beilage nach Wahl.

Samstag, 20. September 2008

Libertad ist das was der Tico am liebsten hat?!

Hallo Freunde des Nationalpatriotismus,

in diesem Monat, am vergangenen Wochenende und speziell am Montag ist man hier zulande ohne eine Portion Patriotismus nicht aus dem Haus gegangen.
Am 15. September feiert Costa-Rica wie übrigens auch andere Länder Mittelamerikas darunter Guatemala, Nicaragua, Honduras und Mexico die Unabhängigkeit von Spanien anno domini.
Jedes Haus, jedes Auto und jeder Tico war geschmückt und in den Nationalfarben blau, weiß und rot eingekleidet.
In der CEUNA, eine ökologischausgerichtete Schule in San Rafael, in der ich ab jetzt jeden Monatag sein werde, begann in dieser Woche vor dem „Día de La Independencía“ jeder Tag mit einer Zeremonie die sage und schreibe 1 Doppelstunde also 90 Minuten dauerte.
Jeden Tag musste eine andere Stufe ran. Am Montag waren dies die Allerkleinsten, die durch ein kleines Rollenspiel die Individualität und die Persönlichkeit eines jeden Menschen herausstellen sollte, so ähnlich wie das kleine „Ich-Bin-Ich“ für die, die es noch kennen .
Außerdem wurde noch gesungen. Am Anfang die Nationalhymne, bei der sich die gesamten Schüler und Lehrer zur gehissten Fahne wendeten und mit der Hand auf dem Herzen voller Inbrunst ihre Hymne sangen. Am Ende der Vorstellung sang man die Hymne der Schule.
Zwischendurch sprach die Direktorin.

Am Wochenende dann steigerte man noch die Spannung. Wie schon Wochen zuvor nur noch viel intensiver (lauter und länger) übten die Schulkapellen für ihren großen Tag. Hier ist es brauch, dass bei nahe jede Schule eine Art Kapelle hat. Diese besteht in der Hauptsache aus Trommlern und Lyra-Spielerinnen.
Das Fest wird dann schließlich am Vorabend des Feiertages offiziell eingeläutet. Um 6 p.m. gibt es zunächst ein Feuerwerk, um danach mit einem Laternenumzug richtig durchzustarten. Die Laternen werden entweder selbstgebastelt oder eben gekauft.
In San José gab es dann schließlich noch ein Konzert der einheimischen Gruppe Escats im Parque Nacional, dass sich die 3 deutschen Eirenis natürlich nicht entgehen lassen durften. Inzwischen war ich nämlich mal wieder bei Lilli und Nils war auch gekommen.

Um uns auch in die Feierlichkeiten zu integrieren, beschlossen wir vor dem Konzert patriotisch wie wir sind in eine Einheimischenkneipe zugehen und das Nationalbier „Imperial“ zu genießen, um den Geist Costa-Ricas direkt und unverfälscht aus der Flasche zu schlürfen.
Warum wir dabei in einer Schwulenkneipe gelandet sind, wissen wir auch nicht, dafür standen Nils und ich für diese Zeit im Mittelpunkt und haben sogar ein Bier ausgegeben bekommen (Lilli natürlich auch ).

Der Montag brachte nach der Schmuse- und Schnulzengruppe vom Sonntagabend dann mehr „äkschen“.
So ab 9 a.m. gingen die Umzüge los. Getrommel und Gewusel direkt vor Lillis Wohnung.
Auf Grund des Regens am Nachmittag finden in Costa-Rica solche Veranstaltungen am sehr warmen Vormittag statt. Dafür war das Konzert am Abend zuvor auch schon um 21 Uhr zuende.
Diese 2 Tatsachen bedürfen übrigens großer Assimilationshingabe, oder so . Das Regenzeit-Wetter und die frühe Dunkelheit lenken den Tagesablauf der Ticos. Generell gesagt heißt das: Morgens um 6 aufstehen und den Tag genießen um abends um „Acht“ ins Bett zugehen. Für einen aus dem Sommer kommenden noch im Abi-feiern-Rhythmus stehenden EIRENE-Ausreisekurs-Teilnehmer eine nicht all zu kleine Rhythmusänderung.
Wenn sich jetzt machne fragen, was hat den „der“ zu feiern gehabt und spielt der nicht Schlagzeug und muss deswegen Rythmusänderungen leicht aushalten können, dem kann ich nur entgegnen: Anderes Thema!

Zurück zum „Lärm auf der Straße“ oder auch Nationalfeiertagsfeierlichkeiten genannt. Also, so wurden wir also gegen 9 geweckt und ich habe mir das Ganze dann ersteinmal von Lillis Balkon aus angeschaut, davor ich dann eine Stunde später mich mit Lilli ins Getümmel gestürzt habe. Nils war es immer noch zu früh und hat weitergeschlafen.

Nach dem Umzug wollten wir dann doch mal schauen, was so im Zentrum abgeht.
Und ja, Freunde, sie waren endlich einmal unterwegs. Ticos auf der Straße. Nach Sonntagabend, an dem wir zum ersten Mal eine größere Gruppe Einheimischer nach 18 Uhr auf der Straße gesehen haben - das. Ein Teil der Hauptverkehrsstraße im Zenrtum von San José war gesperrt und Menschen machten Party auf der Straße. Das ich das noch mal erleben darf! Ich weiß nicht, ob es vielleicht daran lag, dass diese Menschen gestern alle gleichzeitig um 19 Uhr nicht die Todes- und Raubüberfallmeldungen im Fersehen gesehen haben oder, ob dieses „Diá de La Independencía“ wirklich die Kraft zu haben schien, alle Ängste und Wetterregeln zu vergessen. Auf jeden Fall wars’ schön!

An diesem Tag habe wir 3 Strolche außer diesen schönen Erfahrungen noch tollere gemacht.
Wir haben einmal die 2. Fußgängerzone der Stadt entdeckt und sind dabei auf ein wirklich schönes Plätzchen gestoßen. Die „Plaza de Las Artes“. Sehr ruhig gelegen mit einer Kirche am Ende. Auf den Kirchenstufen lässt es sich mit einem „Café con leche“ super von der Zentrumshektik erholen, um später dann den Tag mit einem Bierchen in einer nahegelegenen Bar abzuschließen.
Dies taten wohl auch einige Ticos. Einigen wurde wohl beim leeren Flaschen zählen so schwindelig, dass es sie glatt vom Stuhl schmiss .

Und weil uns der Platz mit den Kirchenstufen so gefallen hatte, mussten wir ihn natürlich auch bei Nacht auf uns wirken lassen. Am besten geht so was natürlich mit einer Flasche gutem costaricanischem Weißwein.
Auf der Heimfahrt mit dem Taxi fiel uns dann ein, dass wir im Kühlschrank ja noch eine Flasche hatten, die sehnsüchtig auf uns wartete.
Um den Abend dann auch noch Rund abschließen zu können, holte Nils noch ein Bierchen für alle.
Wie der Abend weiterging, liegt schließlich in der Phantasie jedes einzelnen Lesers. Ein Tipp sei noch gegeben: Nils und ich trugen zum Schluss Lillis Kleider und sie hatte unsere an. Danach sind wir noch in eine Bar.

Der perfekte Abschluss eines Unabhängigkeitstages, eines wunderschönen Wochenendes und ein super Start in die neue Woche,

Hasta la proxima, disfrutese y libertad

Euer
Felix

Donnerstag, 11. September 2008

„Stufen“ von Hermann Hesse

Wie jede Blüte welkt
und jede Jugend dem Alter weicht,
blüht jede Lebensstufe,
blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.

Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe
bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
in and’re, neue Bindungen zu geben.

Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
der uns beschützt und der uns hilft zu leben.

Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
an keinem wie an einer Heimat hängen,
der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
er will uns Stuf’ um Stufe heben, weiten!

Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
und traulich eingewohnt,
so droht Erschlaffen!
Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
mag lähmender Gewohnheit sich entraffen.

Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
uns neuen Räumen jung entgegen senden:
des Lebens Ruf an uns wird niemals enden.

Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!

Arbolitos pflanzen am Samstagmorgen, vertreibt allen Kummer und alle Sorgen

Hola liebe Hobygärtner,

wie Ihr sehen könnt, habe ich am Samstagmorgen ein Anti-Depressionsprogramm begonnen.
Ich hab mich um 8 mit der Communidad von Santiago getroffen. Santiago ist sozusagen ein „Stadtteil“ von San Rafael.
Wir sind dann zusammen zu einer nicht bebauten Fläche gelaufen, wo die ganze Pflanzaktion stattfinden sollte. Diese Wiese liegt direkt neben einem Fluss und seit kurzem darf auf der ihr nicht mehr gebaut werden. Ein Beschluss der Stadt San Rafael, um die Verschmutzung des Flusses nicht weiter voranzutreiben, sondern mit Hilfe der ehrenamtlichen Gruppe vor Ort die Gesundung des Flusses zu unterstützen. Aus genau diesem Grund haben wir dann auch die kleinen Bäumchen gepflanzt.
Zuvor musste das Areal jedoch erst einmal von allem möglichen Müll gereinigt werden. So lagen auf der Wiese und vor allem im Gestrüpp von Flaschen über Essensreste bis zu alten Schuhen, einfach alles.
Doch mit der vorhandenen Ticopower war das kein Problem. So waren wir ungefähr 10 Leute von Jung bis Alt war alles dabei. Einige haben mehr, andere weniger gearbeitet.
Aber dies ist hier völlig normal. Wie uns einmal ein weiser Tico erklärt hat, funktioniert das mit der Arbeit hier so: Bei 3 Leuten arbeiten 2 und einer schaut zu. Und er soll recht behalten!

So verbrachten wir jedenfalls knapp 3 Stunden auf dem Feld und haben das eine oder andere Bäumchen in die Erde gepflanzt. Auf der einen Seite hilft es der Umwelt und auf der anderen Seite hatte ich endlich was zu tun.

Die Chefin hat jetzt auch meine Nummer, falls noch mehr Arbolitos in die Erde gepflanzt werden wollen.

Más tarde voy a poner algunos fotos en mi blog, pero necesito de llevar mi computadora al café internet. Por eso tienen que esperar pocito tiempo.

Bueno, mis muchachos, hasta la proxima y pura vida,
Felix

Schon gewusst: Wenn einer alleine in eine Fremde Stadt zieht, kennt er zunächst niemanden!

Mit dieser Weisheit aus dem Erfahrungsschatz eines Freiwilligen möchte ich Sie recht herzlich zu unserem Gesprächskreis „Friedensdienstleistende und ihre Erlebnisse“ begrüßen.
Wie Sie vielleicht schon im Eingangszitat zwischen den Zeilen lesen konnten, handelt es sich diesmal um eine der schwereren Situationen des Dienstes.

Nachdem ich in den letzten Wochen im Prinzip 24 Stunden Menschen um mich hatte, ist nun seit einer Woche vergleichsweiße Einsamkeit angesagt.
Begonnen hat es mit den Abi-Feiern, über den Ausreisekurs bis hin zu den ersten vier Wochen hier. Immer Jubel, Trubel, Heiterkeit.
Jetzt bin ich hier in San Rafael: Eher ländlich - im Gegensatz zur Großstadt, statt vieler junger Leute – Tiere, und statt abends in die Bar – ins Bett.
Die Arbeit beginnt auch erst einmal gemächlich. Alles mal anschauen und alle zunächst kennen lernen lautet die Devise.

Das muss ich erst einmal verkraften. Das ist wie ein Wetterumschwung von 30 Grad Sonne in 15 Grad Regenwetter innerhalb von 5 Minuten (Um mit anderen Worten zu sprechen: Das Wetter hier ).
Ergebnis der ersten Woche: Oh shit!
Das es der Lilli wohl auch gerade so oder so ähnlich geht, hilft.
Somit hat die Überschrift auch schon einen Sinn. Denn auf der einen Seite weiß bzw. wusste ich, dass es nun so sein wird. Die Wirklichkeit mit all seinen Fassetten, dann wirklich zu erleben ist aber noch einmal eine andere Sache.

In der letzten Woche gab es Nachmittage, da habe ich nichts machen können ohne, dass ich jeden Moment angefangen hätte zu heulen: Musik hören, Bilder anschauen, Laptop anmache, Buch lesen = Erinnerung = Weinen. Gegenrezept: An den Küchentisch sitzen, Wand anstarren und Denken „das gehört dazu, das gehört dazu, weitermachen, weitermachen“. Und ich kann Euch sagen, es hilft!
Das ganze habe ich durchgezogen, bis Margharita endlich nach Hause kam. Endlich war jemand da, reden, egal was, einfach nur reden.

So habe ich also die erste Woche hier verbracht. Eine der nicht so einfachen Wochen. Jetzt bin ich ja aber schon in der zweiten und hab das Wochenende mit Bäumchen pflanzen und Lilli verbracht, was meine Stimmung eindeutig in die Höhe schnellen ließ. Auf meinem Heiterkeitskonto schreibe ich nun wieder schwarze Zahlen.



Schließen möchte ich unseren Gesprächskreis heute mit einem Zitat von Wittgenstein.

„Wovon man nicht reden kann, darüber muss man schweigen.“

Samstag, 6. September 2008

MNN – Mittelamerikanische Neuste Nachrichten

Seit Donnerstag dürfen wir auf diesem schönen Teil der Erde eine weitere Mitbewohnerin begrüßen. Sie war schon des öfteren hier und wird jetzt für 3 Jahre mit hoffentlich wenigen Unterbrechungen hierbleiben.
Sie wohnt in nördlichsten Teil in Mexico.

Bienvenido a Centroamérica... Estephaniaaaaaaa Ruuuuuuuubiiiiiig

Wenn der Hahn dreimal gekräht hat, dann…

…wäre es schön, wenn er wieder aufhören würde.
Traumvorstellungen, die einem armen Voluntario in San Rafael nicht erfüllt werde können. Denn auch meine besten Freunde die Haus- und Straßenhunde warten wohl schon lange auf diesen Tag.
Denn nachdem der Hahn bzw. die unzähligen Hähne sich alle gegenseitig wach gekikerikiet haben, sind auch schon des Menschen liebste Begleiter wach und beginnen mit dem Bellen.
Jetzt ist auch die Zeit gekommen, wo wohl die Menschen aufwachen sollen. Tun sie wohl auch, also zumindestens ich. Jeden Morgen, wenn man das schon Morgen bezeichnen kann, denn draußen ist es noch so gut wie dunkel.

Was lernt man daraus? Genau, sich nie über den Lärm einer viel befahrenen Straße beschweren. Als Beispiel soll hier die Avenida Central in Guadalupe angebracht werden. Die Erlenstraße in Bühl ist dagegen ein Tempo 20er Zone .

Jedenfalls soll das noch nicht alles gewesen sein. Denn auch die Kühe, 2 Häuser weiter, sind so gegen 6 Uhr wach und erzählen sich den neuesten Klatsch und Tratsch. Da ich den por supuesto nicht verpassen will, wache ich so gegen 6 wiederum auf. Jetzt ist es schon hell, aber ich muss immer noch nicht aufstehen. Was solls, dann hau ich mich halt noch mal aufs Ohr! (Kurze Zwischenfrage: Tut es eigentlich weh, wenn man sich noch ne halbe Stunde aufs Ohr haut?)

Einige haben es vielleicht schon festgestellt: San Rafael de Heredía es pocito más pequeno que por ejemplo San Jóse.
Um aber auch mal wieder „gute“ Stadtluft schnuppern zu können, bin ich heute nach der Arbeit gleich nach San José runter gefahren. Und ich kann Euch sagen, es war wie ein Café am Morgen, ein RedBull für Julie, die Genesung nach 3 Tagen Grippe, einfach nur belebend!

Natürlich bin ich nicht ohne Grund zu den Josephinos gefahren. Einmal habe ich meine Sprachschule besucht und außerdem habe ich meine Jacke bei Miriam, meiner 1. Gastmama, vergessen. Dort angekommen, nach einem Begrüßungsbussi (in Costa Rica nur einen, rechte Wange an rechte Wange), gab es auch gleich einen Cafecito.
Zufällig waren 3 ihrer Enkel auch da und das Haus lebte bzw. bebte.

Jetzt habe ich ja ganz vergessen von meinem Arbeitstag heute zu erzählen.
Was ich gemacht habe, fragt Ihr Euch. Ich kann es Euch sagen: Ich habe Müll getrennt.
Grüne Flaschen, Weiße Flaschen, Durchsichtige Flaschen, Glasflaschen, Papier, Zeitungspapier, Karton, et cetera…

Was man nicht so alles für eine gesunde Umwelt macht.

Apropos Umwelt: In meiner Umwelt ist mir heute auch noch etwas aufgefallen.
Überall wo man hinschaut, costaricanische Beflaggung. An den Häusern, in den Häusern, an den Autos, in den Autos, bei den Fernsehnachrichten auf dem Tisch der Moderatoren, einfach überall stehen oder hängen Flaggen.
Denn und das weiß ich jetzt auch dank meiner Gastmama in San José die Ticos feiern den ganzen September durch ihre Nation und ihre Unabhängkeit. Der eigentliche Día De La Interdependencía ist am 15. September, aber die Flaggen bleiben den ganzen Monat über hängen.

Also; Ihr Landespatrioten, das soll es für heute gewesen sein,
Hasta La Victoria Siempre…
Felix

Mittwoch, 3. September 2008

San Rafael und Schweinefuese

Hallo liebe Leser ;),

der Anlass, warum ich heute schreibe, ist mein Umzug nach San Rafael. Seit heute Montag, den 02. Sep. 2008 lebe ich offiziell in San Rafael de Heredía, also rund 15 km von San José entfernt.
Am Wochenende waren wir alle „Sechs“ noch einmal gemeinsam für ein Wochenende am Strand. Diesmal am Pazifik. In Quespo, etwa 4 – 5 Stunden mit dem Bus von San José haben wir am Freitag unser Quartier bezogen.
Wie in Cahuita auch hatten wir wieder Glück mit dem Wetter. Wir konnten 2 Super-Strandtage am Playa de Manuel Antonio verbringen. Diesmal war der Sonnenbrand auch nicht ganz so stark., dafür die Wellen. Am Sonntag mussten wir immer wieder unsere Sachen zusammenpacken und das Weite suchen.
Am Montag wieder in San José angekommen, durfte ich gleich mal wieder die costa-ricanische Regenzeit genießen. Als ich bei meiner Gastmama ankam, um meine Sachen für den Umzug zu holen, war ich „bätschnass“ (badisch für „bis auf die Haut nass sein“ – oder so).
Doch dies war noch nicht das schlimmste an diesem Tag. Meine Gastmama war dann noch so lieb mir etwas zu essen zu machen. Doch als ich mich dann vor Kohldampf auf das Essen stürzen wollte, hielt mich zunächst der beisende Geruch zurück – Schwein – es musste Schwein sein, was an sich ja nicht mal so schlimm ist. Doch diese kleinen rosa Würfel, die hin und wieder weiß zu sein schienen, erinnerten mich urplötzlich an ein Gespräch mit Lilly. Die hat in ihrer Gastfamilie ein paar Tage zuvor eine Tico-Leibspeiße vorgesetzt bekommen, die einem europäischen durchaus fleischliebenden Magen doch vor gewisse Probleme stellt: Schweinefüße.
Da ich jedoch am letzten Tag in der Gastfamilie den kulinarischen Erlebnissen aus dem Weg gehen wollte, habe ich die „Würfel“ wie ich sie seither nenne, mit dem weißen Reis gegessen.
Allerdings nur aus einem Grund. Ich weiß bis heute nicht, ob es wirklich Schweinebeinchen waren. Denn wenn ich gefragt hätte und es wirklich das „Corpus Delicti“ gewesen wäre, dann hätte ich die Mahlzeit wohl nicht essen können.

So nach dieser kleinen Episode zum Thema „Kulinarisches aus Nah und Fern“ nun wieder zurück zur Sache: der Umzug.
So bin ich also am Sonntag nach San Rafael umgezogen. Hier wohne ich jetzt. In einem kleinen Häuschen in dem kleinen Dörfchen. Mit mir wohnen hier noch Margaritha, der das Haus gehört, und ihr Kätzchen. Außerdem glaube ich wohnen hier auch noch ein paar Mäuschen. Die meine ich jedenfalls gestern Nacht gehört zu haben. Für mich als ausgesprochenen Tierfreund ist dies natürlich das Paradies. Mit fehlt zwar zu meinem Glück noch ein fliegender Mitbewohner, doch alles kann man auch nicht haben.
Nein, nun mal im Ernst.
Man merkt natürlich den Unterschied hier etwas abseits von der Hauptstadt. Das Haus ist etwas schlichter gebaut und eingerichtet. Alles ist nicht so „fein“ wie in meiner Gastfamilie in San José.
Ich denke, ich werde hier auf jeden Fall eine Zeit wohnen, um die Kleinstadtmentalität ein bisschen kennen zu lernen.
Später möchte ich auf jeden Fall noch mit jüngeren Ticos, vielleicht Studenten zusammenleben. Vamos a ver…

Morgen werde ich mich wie heute wieder um halb 10 mit meinem “Jefe” Don Fernando treffen, um einige “Proyectitos” anzuschauen, in denen ich arbeiten werde.
Heute haben wir schon 2 Schulen besucht und das Recyclingcenter von San Rafael angeschaut, dass von der Asociacion, der Bandera Azul und dem Lions-Club unterhalten wird.
Wenn ich mit diesem Bericht fertig bin, werde ich mir die langersehnten Spaghetti mit Tomatensoße machen. Nach vier Wochen Reis mit Bohnen freue ich mich da schon drauf.

Also bis zum nächsten Mal,
Pura Vida

Felix – El Nuevo Rafaeleno 